Börsenlegende André Kostolany gab Anlegern einst den Rat, Aktien zu kaufen, eine Schlaftablette zu nehmen und dann nichts weiter mit dem Depot zu tun. Doch ist das wirklich sinnvoll?

Depot sich selbst überlassen – ein Risiko?

Wer einen langfristigen Anlagehorizont hat, setzt meist auf diese sogenannte Buy-and-Hold-Strategie. Zunächst wird ein Depot so strukturiert, dass es mit einer möglichst hohen Wahrscheinlichkeit die Anlageziele erreicht. Anschließend wird entsprechend investiert und an der Struktur festgehalten, solange sich nichts an den Zielen oder den persönlichen Umständen des Anlegers ändert.

Auch wenn es Wunsch vieler Anleger ist, durch kurzfristiges Handeln Verluste zu vermeiden, ist ein solcher Ansatz zum Scheitern verurteilt. Denn keiner kann zuverlässig vorhersagen, wann die Börsen auf Talfahrt gehen. Ein kurzfristiger Ein- und Ausstieg ist also auf Dauer nicht gewinnbringend, wie mittlerweile unzählige Studien beweisen.

Dennoch sollten Ihre Geldanlagen im Auge behalten und regelmäßig überprüft werden, ob sie noch der langfristigen Strategie entsprechen. Durch Kursschwankungen am Markt entwickeln sich verschiedene Anlagen unterschiedlich, manche steigen, verlieren oder behalten ihren Wert. Mit der Zeit verändern sich so die Gewichtungen im Depot. Weicht dadurch eine Portfoliostruktur stärker von der ursprünglichen Struktur ab, sollten Sie handeln. Um der ursprünglichen Strategie zu folgen, sind Anlagen wieder in die richtigen Gewichtungen zu bringen. Dieses Anpassen und Umschichten an die ursprüngliche Allokation wird Rebalancing genannt.

Warum ist Rebalancing wichtig?

Im Gegensatz zum kurzfristigen Börsenhandel sollte ein Rebalancing deutlich langfristiger ausgelegt sein und möglichst wenige Umschichtungen zum Ziel haben. In erster Linie geht es darum, das Depot auf Kurs zu halten. Regelmäßig die Balance im eigenen Portfolio wiederherzustellen, ist aus zwei Gründen besonders wichtig. Zum einen stellt es das vorher festgelegte Risikoniveau wieder her, zum anderen kann dadurch die Rendite erhöht werden.

Ein Beispiel: Ein Depot startet je zur Hälfte in Anleihen und Aktien. Die Entwicklung dieses Portfolios hängt also in gleichem Maße von der Entwicklung der beiden Anlageklassen ab. Im Folgenden entwickeln sich die Aktien sehr positiv, so dass deren Gewicht im Portfolio nach einem Jahr nicht mehr 50 Prozent, sondern 70 Prozent beträgt. Die Entwicklung im folgenden Jahr ist also nicht mehr von beiden Anlagenklassen in gleichem Maße abhängig, sondern deutlich stärker von den Aktien. Berücksichtigt man, dass zudem Aktien stärker schwanken als Anleihen, dann hat dieses Portfolio ein Aktienrisiko, was eher über 90 Prozent liegt. Wird nicht rebalanciert, dann hat sich das Portfolio quasi selber eine neue Strategie gegeben. In der Regel wünschen sich die Anleger das aber nicht. Deshalb ist es so wichtig, das ursprüngliche Risikoniveau wiederherzustellen.

Nicht nur das Risiko kann durch Rebalancing kontrolliert werden, auch die Rendite wird positiv beeinflusst. Verschiedene Untersuchungen von Anlagemanagern zeigen, dass hiermit jährlich bis zu 0,5 Prozentpunkte Mehrrendite bei einem diversifizierten Portfolio erzielt werden. Grund: Aktienmärkte, die in der Vergangenheit besonders gut gelaufen sind, werden in Zukunft rein statistisch weniger gut laufen. Die schwächeren Aktien oder Anlageklassen dagegen werden wieder aufholen. Durch ein Rebalancing werden die Anlageklassen, die sich gut entwickelt haben, reduziert und in die schwächeren umgeschichtet. Dieses antizyklische Investieren ermöglicht im Zeitablauf höhere Renditen.

Strategien zum Umschichten

Obwohl das Rebalancing so wenig wie möglich Umschichtungen zum Ziel hat, gibt es in der Praxis diese Herausforderung: Die einzelnen Portfolio-Positionen schwanken ständig im Wert. Diese Schwankungen ergeben sich durch Kursveränderungen der entsprechenden Aktien, Anleihen oder ETFs. Durch diese Veränderungen gibt es auch eine Änderung der Anlagestruktur. An dieser Stelle hat das Rebalancing die Aufgabe, aktiv einzugreifen. Doch wie oft sollte das getan werden?

An erster Stelle sind die Kosten zu beachten. Neben einer An- und Verkaufsspanne der Wertpapiere kommen in der Regel noch Börsen- und Bankgebühren hinzu. Zudem kann die Steuer durch Realisierung von Kursgewinnen zuschlagen.

Ein zu häufiges Umschichten ist nicht zu empfehlen. Zum einen sind die Wertschwankungen der einzelnen Anlageklassen sehr oft so klein, dass sich das Risiko auf Portfolioebene kaum bemerkbar macht. Zum anderen ist das Phänomen an den Börsen zu beobachten, dass die Preisentwicklung oft in Trends verläuft. Steigen Aktien, dann tun sie das meist über einen längeren Zeitraum. Das hat zum einen mit der Anlegerpsychologie zu tun, aber auch mit der Wirtschaft, die selbst in Trends verläuft. Ein positiver Trend hält so lange an, bis die Vorzeichen drehen, Anleger skeptisch werden und die Kurse in einen Abwärtstrend übergehen.

Ein zu häufiges Rebalancing könnte von diesen Trends nur sehr begrenzt partizipieren. Aufgelaufene Gewinne werden dann sofort abgeschnitten und die schwachen Anlageklassen bereits zu Beginn eines Abwärtstrends gekauft.

Bevor im Zuge des Rebalancing Umschichtungen vorgenommen werden, sollte folgende Frage beantwortet sein: Stehen Kosten und Nutzen in einem guten Verhältnis zueinander? Das Vornehmen von Umschichtungen ist zwar ein wichtiger Teil beim Rebalancing, sinnvoll ist diese Maßnahme aber nur, wenn die Kosten nicht höher als der Nutzen daraus sind. Es macht wenig Sinn, nur sehr geringwertige Umschichtungen vorzunehmen. In dem Fall würden die Kosten höher als die durch Maßnahme erzielbare Zusatzrendite sein.

Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Umschichten?

Für den Zeitpunkt und die Häufigkeit gibt es kein allgemeingültiges Gesetz. Es kommt immer darauf an, welche Anlageklassen im Portfolio enthalten sind, wie diese sich entwickelt haben und sich weiter entwickeln werden. Schauen wir in die Vergangenheit, so hat sich in der Regel ein Relabancing ein- bis zweimal pro Jahr als sinnvoll erwiesen.
Im Wesentlichen gibt es dabei zwei Herangehensweisen: Zeitgesteuertes oder wertgesteuertes Rebalancing. Bei zeitlichem Rebalancing wird zu einem festen Zeitpunkt das Portfolio umgeschichtet. Eine besondere Form hiervon ist das sogenannte Cash-Flow Rebalancing. Hier erfolgt die Anpassung durch Einzahlung, wie z. B. bei einem monatlichen Sparbetrag. Die strategische Anlagestruktur wird hier durch eine Einzahlung wiederhergestellt.

Beim zweiten Ansatz, dem wertgesteuerten Rebalancing, schichtet man um, wenn die Gewichtungen der einzelnen Anlageklassen bestimmte Grenzwerte erreicht haben. Ist das ursprüngliche Portfolio aus unserem obigen Beispiel von einer 50-Prozent Aktienquote auf 60 Prozent angestiegen, kann das ein Rebalancing auslösen. Signifikante Verschiebungen treten besonders bei großen Marktbewegungen auf, wie wir das zum Beispiel in der aktuellen Corona-Krise sehen.

Natürlich ist auch eine Kombination aus zeit- und wertgesteuertem Rebalancing möglich. Hier werden beide Aspekte miteinander verbunden. So erfolgt die Umschichtung zum Beispiel mindestens einmal pro Jahr und / oder wenn die Aufteilung im Portfolio um mehr als x-Prozentpunkte abweicht.

Fazit: Umschichtungen als wichtiger Teil des Konzepts

Rebalancing macht Sinn. Das wesentliche Ziel besteht beim Rebalancing darin, die ursprüngliche Allokation in regelmäßigen Abständen und damit die ursprünglich gewählte Risikostruktur wiederherzustellen. Auch bei einem Buy-and-Hold Ansatz lassen sich regelmäßige Umschichtungen nicht ganz vermeiden. Wie so oft im Investmentleben wissen wir aber auch hier natürlich nicht, wann der beste Zeitpunkt ist. Ein zeitgesteuertes, wertgesteuertes oder eine Kombination daraus bringt hier die beste Lösung.

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